Das Wichtigste im Überblick:
- Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur unter strengen Voraussetzungen rechtmäßig – viele Arbeitgeber erfüllen diese nicht vollständig
- Nach Erhalt einer Kündigung haben Sie nur 3 Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben
- Ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) kann ein erfolgversprechender Angriffspunkt gegen die Kündigung sein
Die doppelte Belastung einer krankheitsbedingten Kündigung
Eine Kündigung wegen Krankheit stellt für Betroffene eine außergewöhnliche Belastungssituation dar. In einer Phase, in der Sie ohnehin mit gesundheitlichen Problemen kämpfen, kommt plötzlich die existenzielle Sorge um Ihren Arbeitsplatz hinzu. Diese Doppelbelastung kann überwältigend sein – besonders wenn Sie sich vom Arbeitgeber nach Jahren loyaler Zusammenarbeit im Stich gelassen fühlen. In solchen Situationen ist die Unterstützung durch einen erfahrenen Anwalt bei Kündigung besonders wichtig.
Als Fachanwälte für Arbeitsrecht verstehen wir bei Ryzner & Kollegen sowohl die rechtlichen als auch die emotionalen Aspekte Ihrer Situation. Wir wissen, dass neben der Sorge um die finanzielle Sicherheit auch Ängste vor Stigmatisierung bei der künftigen Jobsuche aufgrund der krankheitsbedingten Kündigung bestehen können.
Rechtliche Grundlagen einer krankheitsbedingten Kündigung
Eine Kündigung wegen Krankheit unterliegt nach dem Kündigungsschutzgesetz strengen rechtlichen Anforderungen. Die Basis bildet § 1 Abs. 2 KSchG, wonach eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers bedingt ist.
Die Rechtsprechung hat für krankheitsbedingte Kündigungen drei Fallgruppen entwickelt:
- Häufige Kurzerkrankungen
- Langandauernde Erkrankung
- Dauerhafte Leistungsunfähigkeit
Für jede dieser Fallgruppen gelten spezifische Voraussetzungen, die der Arbeitgeber nachweisen muss:
Negative Gesundheitsprognose
Zentral ist das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose. Das bedeutet, dass auch in Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat die Anforderungen an diese Prognose in mehreren Grundsatzentscheidungen präzisiert. Einzelne Krankheitsepisoden oder eine bereits ausgeheilte Erkrankung reichen für eine Kündigung nicht aus.
Erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen
Der Arbeitgeber muss konkret nachweisen, dass die Fehlzeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führen, wie:
- Erhebliche Kosten für Ersatzkräfte
- Produktionsausfälle oder Terminverzögerungen
- Mehrbelastung anderer Mitarbeiter
- Erhebliche Störungen im Arbeitsablauf
- Planungsunsicherheit
Interessenabwägung
Bei der abschließenden Interessenabwägung werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Alter des Arbeitnehmers
- Unterhaltspflichten
- Vorliegen einer Schwerbehinderung
- Chancen auf dem Arbeitsmarkt
- Ursache der Erkrankung (insbesondere bei betriebsbedingten Ursachen)
Unsere Erfahrung zeigt: Viele Arbeitgeber scheitern an mindestens einer dieser Voraussetzungen.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) als Schlüsselfaktor
Ein zentraler Aspekt bei der rechtlichen Beurteilung einer krankheitsbedingten Kündigung ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX. Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren wegweisenden Entscheidungen die herausragende Bedeutung des BEM für die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung betont.
Obwohl das BEM formal keine zwingende Voraussetzung für eine wirksame Kündigung darstellt, erhöht ein nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführtes BEM-Verfahren die Chancen erheblich, eine krankheitsbedingte Kündigung erfolgreich anzufechten. Der Arbeitgeber muss beim BEM einen strukturierten Prozess einhalten, der mit der Einleitung des Verfahrens nach sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Jahres beginnt. Es folgt eine schriftliche Einladung zum BEM-Gespräch, bei dem der Arbeitnehmer umfassend über Ziele und Ablauf des Verfahrens aufgeklärt werden muss. Nach Einholung der Zustimmung des Arbeitnehmers werden die Arbeitsunfähigkeit und ihre Ursachen analysiert, um darauf aufbauend gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln. Die vereinbarten Maßnahmen müssen anschließend umgesetzt und der gesamte Prozess sorgfältig dokumentiert werden.
In der Praxis stellen wir häufig fest, dass Arbeitgeber das BEM entweder vollständig unterlassen oder wesentliche Schritte nicht ordnungsgemäß durchführen. Diese Versäumnisse bieten einen wichtigen rechtlichen Angriffspunkt gegen eine ausgesprochene Kündigung und führen oft zur erfolgreichen Anfechtung.
Präventive Maßnahmen haben Vorrang
Vor einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses ausschöpfen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz an die gesundheitlichen Bedürfnisse des Mitarbeiters anzupassen, was ergonomische Verbesserungen oder technische Hilfsmittel umfassen kann. Organisatorische Änderungen wie flexible Arbeitszeiten oder eine angepasste Aufgabenverteilung müssen ebenfalls in Betracht gezogen werden, um die Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Darüber hinaus sollte der Arbeitgeber Qualifizierungsmaßnahmen für alternative Tätigkeiten anbieten und die Möglichkeit einer Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz prüfen. Eine stufenweise Wiedereingliederung ist ein weiteres wichtiges Instrument zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses trotz gesundheitlicher Einschränkungen.
Bei chronisch kranken Mandanten prüfen wir zudem die Möglichkeit einer Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, um den besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX zu erlangen. In diesem Fall ist zusätzlich die Zustimmung des Integrationsamtes gemäß § 168 SGB IX erforderlich, was einen zusätzlichen Schutz vor übereilten Kündigungen bietet und häufig neue Perspektiven für eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung eröffnet.
Besonders wichtig: Die Dreiwochenfrist beachten!
Eine der häufigsten Fallen bei krankheitsbedingten Kündigungen ist die strikte Dreiwochenfrist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Nach Erhalt der Kündigung haben Sie nur drei Wochen Zeit, um gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie inhaltlich rechtswidrig war.
Kontaktieren Sie daher umgehend einen spezialisierten Rechtsanwalt, wenn Sie eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten haben oder eine solche befürchten.
Unser Leistungsangebot bei krankheitsbedingten Kündigungen
Bei Ryzner & Kollegen bieten wir Ihnen eine umfassende rechtliche Betreuung in allen Phasen einer krankheitsbedingten Kündigung:
Präventive Beratung bei drohender Kündigung
Wenn Sie eine krankheitsbedingte Kündigung befürchten, beraten wir Sie präventiv:
- Analyse Ihrer arbeitsvertraglichen Situation
- Prüfung möglicher Sonderkündigungsschutzrechte
- Vorbereitung auf BEM-Gespräche
- Entwicklung von Strategien zum Erhalt Ihres Arbeitsplatzes
Begleitung im BEM-Verfahren
Falls ein BEM-Verfahren bereits eingeleitet wurde, unterstützen wir Sie:
- Begleitung durch den BEM-Prozess
- Unterstützung bei der Kommunikation mit dem Arbeitgeber
- Prüfung möglicher Anpassungen Ihres Arbeitsplatzes
- Verhandlungen in Ihrem Interesse
Umfassende Vertretung nach einer Kündigung
Bei einer bereits ausgesprochenen Kündigung setzen wir uns mit allen rechtlichen Mitteln für Sie ein:
- Akribische Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen
- Fristgerechte Einlegung von Rechtsmitteln
- Verhandlungen über alternative Lösungen
- Gerichtliche Vertretung mit dem Ziel, Ihren Arbeitsplatz zu erhalten oder eine angemessene Abfindung zu erreichen
In den letzten Jahren haben wir zahlreiche Fälle von krankheitsbedingten Kündigungen erfolgreich bearbeitet. In den meisten Fällen konnten wir die Weiterbeschäftigung unserer Mandanten erreichen oder eine überdurchschnittliche Abfindung aushandeln.
Handlungsempfehlungen für Betroffene
Dokumentation ist entscheidend
Für Ihre rechtliche Position ist eine sorgfältige Dokumentation von entscheidender Bedeutung. Bewahren Sie folgende Unterlagen auf:
Medizinische Unterlagen
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
- Arztberichte
- Rehabilitationsunterlagen
Kommunikation mit dem Arbeitgeber
- E-Mails
- Gesprächsprotokolle
- BEM-Unterlagen
Arbeitsvertragliche Dokumente
- Arbeitsvertrag
- Änderungsvereinbarungen
- Stellenbeschreibung
Checkliste: Erste Maßnahmen nach Erhalt einer krankheitsbedingten Kündigung
- Kündigungsschreiben sicher aufbewahren (mit Umschlag für Zustellnachweis)
- Datum des Erhalts notieren (für die Dreiwochenfrist)
- Umgehend rechtlichen Rat einholen (spätestens innerhalb einer Woche)
- Alle relevanten Unterlagen zusammenstellen
- Krankmeldungen und Atteste chronologisch ordnen
- Beim nächsten Arztbesuch die Situation besprechen
- Kommunikation mit dem Arbeitgeber dokumentieren
- Bei laufendem BEM-Verfahren: Protokolle prüfen
- Arbeitsagentur kontaktieren (vorsorglich für Arbeitslosengeld)
- Keine vorschnellen Entscheidungen treffen (insbesondere keine Aufhebungsverträge unterschreiben)
Verhalten in BEM-Gesprächen
Falls Sie zu einem BEM-Gespräch eingeladen werden, beachten Sie folgende Empfehlungen:
- Nehmen Sie das Angebot an, aber bereiten Sie sich gut vor
- Lassen Sie sich die Ziele und den Ablauf genau erklären
- Überlegen Sie vorab, welche Informationen Sie teilen möchten
- Sie müssen keine medizinischen Details offenlegen
- Prüfen Sie alle Vorschläge sorgfältig, bevor Sie zustimmen
- Bitten Sie um Bedenkzeit bei wichtigen Entscheidungen
- Lassen Sie sich alle Vereinbarungen schriftlich geben
- Ziehen Sie bei Bedarf einen Beistand hinzu (z.B. Betriebsrat oder Anwalt)
So läuft die Zusammenarbeit mit uns ab
Nach Ihrer Kontaktaufnahme bieten wir Ihnen eine strukturierte und effektive Unterstützung an. Ein persönliches Beratungsgespräch in unserer Kanzlei bildet die Grundlage unserer Zusammenarbeit, bei dem wir alle relevanten Dokumente sichten und eine detaillierte Strategie für Ihren individuellen Fall entwickeln.
Bei akutem Handlungsbedarf, insbesondere wenn die Dreiwochenfrist für die Kündigungsschutzklage zu laufen droht, handeln wir sofort und bereiten alle notwendigen rechtlichen Schritte vor, um Ihre Ansprüche zu wahren. Parallel dazu arbeiten wir an der umfassenden Aufbereitung Ihres Falls, indem wir fehlende Unterlagen beim Arbeitgeber anfordern und bei Bedarf den behandelnden Arzt für unterstützende Stellungnahmen kontaktieren.
Transparenz ist uns besonders wichtig, daher erhalten Sie von uns stets eine klare Einschätzung der Erfolgsaussichten und Kostenrisiken sowie eine verständliche Darstellung des weiteren Vorgehens. Bei chronischen Erkrankungen gehen wir noch einen Schritt weiter und prüfen unmittelbar die Möglichkeiten des Schwerbehindertenrechts, um alle rechtlichen Optionen zu Ihren Gunsten auszuschöpfen.


